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1-Sinustachykardien.tex 12.9 KiB
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Thomas Winkler committed
\chapter{Vorhoftachykardien} \label{c:vorhoftachykardien}
\section{Tachykardien mit Ursprung im Sinusknoten}

\subsection{Allgemeine Sinusknotentachykardie}
Die Sinusknotentachykardie beschreibt den Zustand eines tachykarden Sinusknotens, \gls{dh} dieser bildet mehr als 100 Erregungen\footnote{%TC:ignore
Eine Erregung bezeichnet in dieser Hinsicht den Ablauf der De- und Repolarisation von der Ansammlung der erregungsbildenden Zellen des Sinusknotens.
%TC:endignore
} pro Minute.\footnote{nach \cite{herold2017innere}, S. 275.}
Diese Form der Tachykardie, die nebenbei im klinischen Alltag die häufigste Rhythmusstörung darstellt,\footnote{nach \cite{sinus-allgemein}.} kann dabei physiologisch, bei psychischer oder physischer Belastung, aber auch pathologisch, infolge extrakardialer (Infektionen oder endokriner Erkrankungen) oder kardialer Ursachen (\gls{ist} \footnote{%TC:ignore
auch bekannt unter dem Namen \glqq{inappropriate sinus tachycardia}\grqq{}.
%TC:endignore
}, \gls{pots}\footnote{%TC:ignore
auch bekannt unter dem Namen \glqq{postural orthostatic tachycardia syndrome}\grqq{}.
%TC:endignore
} oder \gls{sanrt}, sein.\footnote{nach \cite{herold2017innere}, S. 275f.}

In den folgenden Abschnitten möchte der Autor auf die Erläuterung der extrakardialen Ursachen verzichten und sich ausschließlich auf die Sinustachykardien kardialer Genese, also auf die sogenannten primären Sinustachykardien,\footnote{nach \cite{sinus-allgemein}.} konzentrieren. Zur weiteren Gliederung verweist der Autor auf die vereinfachte Grafik in \gls{abb} \ref{fig:sinustachykardie}, die die Sinustachykardien zur Differentialdiagnose weiter in paroxysmal, also plötzlich auftretend, und persistent einteilt.

\begin{figure}[H]
\centering

\IfFileExists{tikz/Sinustachykardien.pdf}
    {\includegraphics[width=1\textwidth]{tikz/Sinustachykardien.pdf}}
    {\input{tikz/Sinustachykardien.tikz}}

\caption[Differentialdiagnose der Sinustachykardie. Nach \cite{sinus-allgemein}, Figure 1.]{Differentialdiagnose der Sinustachykardie. (\gls{sanrt} $\hat{=}$ \glqq{sinoatrial nodal reentrant tachycardia}\grqq{}; POTS $\hat{=}$ \glqq{postural orthostatic tachycardia syndrome}\grqq{}; IST $\hat{=}$ \glqq{inappropriate sinus tachycardia}\grqq{}; NST $\hat{=}$ \glqq{normal sinus tachycardia}\grqq{}). Nach \cite{sinus-allgemein}, Figure 1.}
\label{fig:sinustachykardie}
\end{figure}

...

\paragraph{\gls{ekg}-Beispiel}
Die \gls{abb} \ref{fig:sanrt-ekg} zeigt \blindtext

\begin{figure}[H]
\centering
\includegraphics[width=\textwidth]{resources/images/dan-novac-629284-unsplash.jpg}
\caption[EKG einer \gls{sanrt}, Ableitung I. Siehe ...]{EKG einer \gls{sanrt}, Ableitung I. Siehe ...}
\label{fig:sanrt-ekg}
\end{figure}

...

\subsubsection{Pathogenese}
Je nach Pathogenese werden die primären, (idiopatisch, keine Assoziation mit anderen Erkrankungen), und die sekundären, (in Verbindung mit einer Krankheit auftretenden), \glspl{pots} unterschieden.\footnote{nach \cite{pots-example} und nach \cite{pots-standard}.} Die folgenden zwei Tabellen geben einen Überblick über die unterschiedlichen Typen der primären und sekundären \glspl{pots}, beide basieren auf den folgenden drei Quellen: \textit{\cite{pots-example}}, \textit{\cite{pots-standard}} und \textit{\cite{pots-standard2}}.

\setlength{\aboverulesep}{0.01pt}
\setlength{\belowrulesep}{0.01pt}
\setlength{\extrarowheight}{-0.25ex}
\begin{tabularx}{\linewidth}{
    % col 1; auto-sized % ragged right
    >{\setlength{\hsize}{0.4\hsize}\arraybackslash}X
    % col 2; auto-sized ragged right
    >{\setlength{\hsize}{1.6\hsize}\arraybackslash}X
    }
    % -----------------headings----------------------%
        \toprule
        \multicolumn{2}{l}{\textbf{Primäre \glspl{pots}}} \\
        \toprule
    \endfirsthead
    %headings for next page columns
        \toprule
        \multicolumn{2}{l}{\textbf{Primäre \glspl{pots}}} \\
        \toprule
    \endhead
    %this is printed before the table is broken into the next page
        \multicolumn{2}{r}{{Fortsetzung auf der nächsten Seite.}}  \\
        \midrule
    \endfoot
        %\bottomrule
    \endlastfoot
    % ---------------headings end--------------------%
    \rowcolor{Blue100}
    \textbf{Neuropathisch (high-flow \gls{pots})} & Erscheint als milde Form der peripheren sympathischen Neuropathie, wird auch als \glqq{primäres partielles dysautonomisches \gls{pots}}\grqq{} bezeichnet. \\*
    %\taburowcolors[1](2){white .. Blue100}
    \textit{Beschreibung} & Die periphere glatte Muskulatur kann den vaskulären Widerstand nicht aufbauen oder aufrechterhalten, da die sympathische Funktion in den unteren Extremitäten ausgefallen ist. Daraus resultiert auch ein Verlust der Möglichkeit (in den unteren Extremitäten) zu schwitzen. Nachdem hier die sympathische Funktion fehlt, kann keine (adäquate) reflektorische sympathische Vasokonstriktion bei Orthostase stattfinden, weshalb das venöse Blut im Stand in den Beinen versackt. Dieser Typ wird daher auch als \glqq{high-flow \gls{pots}}\grqq{} bezeichnet, da sich in diesem Fall viel Blut in den unteren Extremitäten befindet. \\
    \textit{Subtypen} & \underline{Entwicklung-Subtyp:} Betrifft Jugendliche, beginnt meist mit 14 Jahren, erreicht die maximale Ausprägung der Symptome mit 16. Danach Regression in 80\,\% der Fälle bis hin zur Symptomlosigkeit mit 19 bis 24 Jahren.
    \newline
    \underline{Infektion-Subtyp:} Auftreten nach einer viralen oder bakteriellen Infektion. Nach dem Ausheilen der Infektion mühevolle Genesung, weiterhin Symptome wie Krankheitsgefühl, Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen. \\
    \textit{Pathogenese} & \underline{Entwicklung-Subtyp:} Temporäre Schieflage des autonomen Nervensystems, die oft bei schnell wachsenden Jugendlichen vorkommt. Hierbei liegt der Grund wahrscheinlich in einer vorrangig sympathischen Denervation aufgrund einer Dysautonomie, daher auch der Name \glqq{primäres partielles dysautonomisches \gls{pots}}\grqq{}.
    \newline
    \underline{Infektion-Subtyp:} Vermutlich durch die Bildung von Antikörpern gegen den Acetylcholin-Rezeptor in den Ganglien. \\
    
    \hline
    \rowcolor{Blue100}
    \textbf{Hyperadrenerg (low-flow \gls{pots})} & Erhöhter sympathischer Antrieb, fluktuierender oder erhöhter Blutdruck während der Kipptischuntersuchung. \\*
    \textit{Beschreibung} & Im Gegensatz zu der neuropathischen Form ist die sympathische Innervation in den unteren Extremitäten vorhanden und funktionstüchtig. Die Patienten mit diesem \gls{pots}-Typ haben einen erhöhten sympathischen Antrieb, der sich in Orthostase mit erhöhten Plasmanoradrenalinspiegeln (>\,600\,pg/ml) zeigt. Während der Kipptischuntersuchung kommt es zu Hypertension, blasser und kalter Haut, erhöhter Schweißsekretion und verstärkter Aktivität der glatten Muskulatur in den Gefäßen. Diese Symptome können nicht nur durch Orthostase, sondern auch durch emotionale Stimuli oder physische Aktivität auftreten. Aufgrund der systemischen Vasokonstriktion und dem damit verringerten Blutfluss in unteren Extremitäten, hat diese Form auch den Namen \glqq{low-flow \gls{pots}}\grqq{}. \\
    \textit{Subtypen} & \underline{Primärer oder zentraler Subtyp:} >\,600\,pg/ml Nor\-ad\-re\-na\-lin-Plas\-ma\-kon\-zen\-tra\-tion in Orthostase (meist zwischen 1000 und 2000\,pg/ml in Orthostase).
    \newline
    \underline{Sekundärer Typ:} Siehe sekundäre \glspl{pots}. Bei \gls{zb} partieller Dysautonomie, Hypovolämie, Phäochromozytom, Mastzellen-Aktivierungsstörungen, Medikamenten (\glspl{tca}, \gls{neti}). \\
    \textit{Pathogenese} & Es wird vermutet, dass Patienten beim primären Subtyp eine übermäßige sympathische Entladung haben. Eine verminderte Aktivität des NET (Norephrine/Noradrenalin Transporter), aufgrund eines genetischen Defekts, und dadurch eine verlangsamte Beseitigung von Noradrenalin in den sympathischen Synapsen, wurde bei einigen Patienten ebenfalls bewiesen. \\
        \bottomrule
        \caption[Primäre \glspl{pots}.]{Primäre \glspl{pots}.}\label{table:pots-primär}
\end{tabularx}

...

\newpage

\subsubsection{Diagnostik}

\begin{wrapfigure}{r}{0.5\textwidth}
\centering
\includegraphics[width=0.9\linewidth]{resources/images/dan-novac-629284-unsplash.jpg}
\caption[Akrozyanose in Orthostase bei einem Patienten mit \gls{pots} (rechts). Siehe \cite{pots-standard2}, Figure 2.]{Akrozyanose in Orthostase bei einem Patienten mit \gls{pots} (rechts). Links unauffälliger Befund bei einem Gesunden. Siehe \cite{pots-standard2}, Figure 2.}
\label{fig:pots-acrocyanosis}
\end{wrapfigure}

Anamnestisch können die Patienten, infolge der cerebralen Hypoperfusion und der reflektorischen sympathischen Hyperaktivität, über Kopfschmerzen, Benommenheit, Schwindel, Synkopen, Visustrübung, Müdigkeit, Ängste, Schlafstörungen, Schwäche, Palpitationen, Brustschmerzen, Schweißausbrüche,  Übelkeit, abdominale Schmerzen, Temperaturregulationsprobleme und veränderte Blasen- und oder Darmfunktionen klagen.\footnote{nach \cite{pots-example} und nach \cite{pots-standard}.}

Ein weiteres relativ typisches Symptom, das bei \gls{ca} 50\,\% der Patienten erscheint, ist die sog. Akrozyanose, bei der ein Zusammenhang mit einer Abnormalität in der Stickstoff\-mon\-oxid\-aktivität in der Haut vermutet wird.\footnote{nach \cite{pots-standard2}.} Dabei beobachtet man in Orthostase bei Patienten mit \gls{pots} eine rötlich-bläuliche Hautverfärbung im Bereich der Füße bis etwas oberhalb der Knie (siehe \gls{abb} \ref{fig:pots-acrocyanosis}).

Meist sind Frauen betroffen (das Verhältnis von betroffenen Frauen zu Männern liegt bei \gls{ca} 5:1) und die meisten Fälle kommen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren vor. Bis zu 50\,\% der Patienten hatten eine vorhergehende virale Erkrankung und bei \gls{ca} 25\,\% ist die Familienanamnese \gls{bzgl} ähnlicher Beschwerden positiv.\footnote{nach \cite{pots-standard} und nach \cite{pots-standard2}.} 

...

\setlength{\aboverulesep}{0.01pt}
\setlength{\belowrulesep}{0.01pt}
\setlength{\extrarowheight}{-0.25ex}
\begin{tabularx}{\linewidth}{
    % col 1; auto-sized % ragged right
    >{\setlength{\hsize}{0.75\hsize}\arraybackslash}X
    % col 2; auto-sized ragged right
    >{\setlength{\hsize}{1.25\hsize}\arraybackslash}X
    }
    % -----------------headings----------------------%
        \toprule
        \textbf{Therapie} & Kommentar \\
        \toprule
    \endfirsthead
    %headings for next page columns
        \toprule
        \textbf{Therapie} & Kommentar \\
        \toprule
    \endhead
    %this is printed before the table is broken into the next page
        \multicolumn{2}{r}{{Fortsetzung auf der nächsten Seite.}}  \\
        \midrule
    \endfoot
        %\bottomrule
    \endlastfoot
    % ---------------headings end--------------------%
    Trainingsprogramm & Vorwiegend Aerobic mit einigen beinbasierten Widerstandsübungen. Zunächst Vermeidung von aufrechten Übungen und Fokussierung auf Rudergeräte, Schwimmen und Liegeräder. \\
    \hline
    \rowcolor{Blue100}
    \multicolumn{2}{l}{{Vergrößertes Blutvolumen/erhöhter venöser Rückfluss}} \\
    \hline
    Erhöhung der Wasserzufuhr & Ziel: 2--2,5\,l/Tag \\
    Erhöhung der NaCl Aufnahme & Ziel: 8--10\,g/Tag \\
    Intravenöse Kochsalzlösung & 1\,l über 1--2\,h; kurzfristige Notfalltherapie \\
    Kompressionsstrümpfe & 30--40\,mmHg Gegendruck \\
    Absetzen oraler Kontrazeptiva mit Drospirenon & Drospirenon ist ein Spironolacton-Analogon, das die Hypovolämie verschlimmern könnte. \\
    Fludrocortison & 0,1--0,2\,mg/d \gls{po}; auf Hypokaliämie achten \\
    Desmopressin & 0,2\,mg \gls{po} einmal für gelegentliche Anwendung. Kann bei regelmäßiger Anwendung eine Hyponatriämie verursachen. \\
    \hline
    \rowcolor{Blue100}
    \multicolumn{2}{l}{{Hämodynamische Substanzen}} \\
    \hline
    Absetzen von Medikamenten, die den Noradrenalin Transporter blockieren & Diese Medikamente können den peripheren Sympathikustonus erhöhen und die Tachykardie verschlimmern. Dazu gehören \gls{tca}, ADHS-Medikamente und \gls{snris}. \\
    Propranolol & 10--20\,mg \gls{po} drei- bis viermal täglich. Niedrige Dosen, um die Tachykardie zu lindern, sind effektiver als höhere Dosen. \\
    Pyridostigmin & 30--60\,mg \gls{po} dreimal täglich. Kann den parasympathischen Tonus erhöhen, um die Kontrolle der Herzfrequenz zu verbessern. Kann die gastrointestinale Motilität erhöhen, was eine wichtige Quelle für Intoleranz sein kann. \\
    Midodrin & 5--10\,mg \gls{po} alle vier Stunden in drei Dosen (nicht vor dem Schlafengehen). Nebenwirkungen sind Gänsehaut, Kopfhautjucken, Bluthochdruck und Harnverhalt. \\
    \hline
    \rowcolor{Blue100}
    \multicolumn{2}{l}{{Weiteres}} \\
    \hline
    Modafinil & 100\,mg \gls{po} zweimal täglich. Zugelassen für verschiedene Schlafprobleme, kann den Patienten jedoch zu erhöhter geistiger Wachsamkeit und besserer Konzentration verhelfen. \\
        \bottomrule
        \caption[Therapiemöglichkeiten bei \gls{pots}. Nach \cite{pots-standard2}, Table 2.]{Therapiemöglichkeiten bei \gls{pots}. Nach \cite{pots-standard2}, Table 2.}\label{tab:pots-table}
\end{tabularx}